Gemeindeversammlung in der Marienkirche am 24. Januar 2024

Gemeindehaus Jöllenbeck weicht Altenheim

Die Notwendigkeit, den Gebäudebestand der Versöhnungs-Kirchengemeinde aus Kostengründen zu reduzieren, nimmt konkrete Formen an: Das Gemeindehaus in Jöllenbeck muss weichen. Schon für Ende 2024 ist der Abriss geplant. Das war der bittere Teil der Nachricht, die das Presbyterium auf der Gemeindeversammlung am 24. Januar in der Marienkirche bekanntzugeben hatte. Der erfreulichere Teil: Das Grundstück bleibt weiter in kirchlich-sozialer Nutzung und dient dem Neubau des Paul-Gerhardt-Hauses (PGH).

Die Bauherrin und neue Pächterin des Gemeindehaus-Grundstückes, die Diakonische Altenzentren Bielefeld gGmbH (DIABI), suchte schon lange nach einem neuen Standort für das PGH-Altenzentrum an der Sogemeierstraße. Der bauliche Standard der fast 40 Jahre alten Einrichtung entspricht den heutigen Anforderungen nicht mehr.

Michael Pappert vom Architekturbüro Pappert+Weichynik erläuterte vor der Gemeinde die Planung, für die schon ein positiver Bescheid des Bauamtes zur Bauvoranfrage vorliegt. Auf dem knapp 3800 m² großen Grundstück soll eine moderne Einrichtung mit 70 bis 75 Pflegeplätzen auf drei Etagen sowie 6 bis 8 Wohnungen im Staffelgeschoss entstehen. Anders als im PGH-Altbau wird es nur Einzelzimmer geben, alle mit eigenem Bad. Der Gebäudekomplex teilt sich in drei luftig verbundene Einheiten, die der Umgebungsbebauung angepasst sind und die optische Dominanz der Marienkirche respektieren. Das starke Gefälle des Grundstücks ermöglicht eine attraktive Souterraingestaltung mit einem großen, auch extern nutzbaren Mehrzweckraum. Von den bisher 40 Parkplätzen bleiben 10 bis 20, die aber vornehmlich vom Altenzentrum selbst genutzt werden. Anfang 2025 soll der Bau beginnen, 2026 der Einzug sein.

Und wohin mit allem, was bisher im Gemeindehaus seinen Platz hatte? Das Gemeindebüro wird mit einem der beiden anderen Büros in Theesen und Vilsendorf zusammengelegt werden, so Pfarrer Dr. Andreas Kersting auf der Versammlung. Ausweichmöglichkeiten für die Gruppen und Kreise gibt es: zum Beispiel den Gemeinderaum in der Matthias-Claudius-Kita am Böckmannsfeld oder Räumlichkeiten in den verbleibenden Gebäuden des PGHs, deren Eigentümerin die Kirchengemeinde ist. Auch das – allerdings schon gut ausgelastete – CVJM-Haus kommt in Frage oder sogar das Graf-von-Galen-Haus. Die katholische Nachbargemeinde Liebfrauen hat in ökumenischer Verbundenheit eine Mitnutzung in Aussicht gestellt.

Und ganz zentral wird nun die multifunktionalen Nutzung der Marienkirche, auch wenn der eigentliche Flächengewinn eher gering sein wird. Über die Machbarkeitsstudie dazu ist noch nicht entschieden, aber zumindest der Umzug der alten Küche und die Einrichtung einer barrierefreien Toilette sollen bald in Angriff genommen werden.

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Grafiken: Pappert + Weichynik Architekten

Diskussion der Machbarkeitsstudien zur multifunktionalen Nutzung der Kirchen

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Das war viel Stoff für zwei Stunden: Vorstellung und Diskussion der drei Machbarkeitsstudien zur multifunktionalen Nutzung unserer drei Kirchen, jeweils ergänzt um Kostenschätzungen, Kurzbeschreibungen der anderen, teils überholten Machbarkeitsstudien zur Bebauung der Gemeindegrundstücke und schließlich der aktuelle Stand der Dinge an den Zentren. Vor allem über den geplanten Abriss des Gemeindehauses in Jöllenbeck wurde die Gemeinde auf der Gemeindeversammlung am 24. Januar in der Marienkirche zum ersten Mal informiert .
Die rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer äußerten sich zu der aktuellen Nachricht an diesem Abend wenig. Tatsächlich ging es intensiv um die drei Studien zu den multifunktionalen Nutzungsmöglichkeiten der drei Kirchen, die im Gemeindebrief und hier auf der Homepage schon vorgestellt worden waren. Die Architektin Elke Upmeier zu Belzen erläuterte sie vor der Versammlung persönlich.
Finanzkirchmeister Dietmar Hofemeier steuerte die Kostenschätzungen bei: rund 550 000 Euro für die Marienkirche,  1 300 000 Euro für die Auferstehungskirche und 800 000 Euro für die Epiphaniaskirche. Etwa die Hälfte davon würden jeweils grundsätzliche Kosten wie Baunebenkosten, Unvorhergesehenes und Mehrwertsteuer ausmachen.
Noch gar nicht enthalten ist in den Kostenprognosen der Aufwand für die energetische Sanierung der drei Kirchen, denn der kommt unabhängig von einer multifunktionalen Umgestaltung auf jedes weiterbetriebene Gebäude der Gemeinde zu. Da die Ev. Landeskirche von Westfalen bis 2040 die Klimaneutralität aller Gemeinden anstrebt, sind diese Kosten noch nicht zu beziffern. Auch wie die bisher vom Gemeindehaus mitbeheizte Epiphaniaskirche in Vilsendorf künftig wärmetechnisch unabhängig werden könnte, lag nicht im Auftragsbereich der Machbarkeitsstudien, was einige Gemeindemitglieder anfragten.
Es ging um die gestalterische Herausforderung: die Spiritualität der Kirchenräume zu wahren, neu zu interpretieren und sie gleichzeitig für möglichst viele Facetten des modernen Gemeindelebens zu öffnen. Zum Ergebnis meinte Pfarrer Marcus Brünger: „Ich brauche eine Atmosphäre, die anspricht. Und da bekomme ich richtig Lust!“


Zu den noch unverbindlichen Entwürfen kamen etliche Anregungen und Einwände: Eine Teilnehmerin empfahl, bei der Umgestaltung auch akustische Probleme zu berücksichtigen;  Gemeindeglieder, die schon den ersten Innenumbau der Marienkirche vor 20 Jahren miterlebt hatten, vermissten den damaligen Geist der Gemeinsamkeit „aus dem Glauben heraus“. Betroffen zeigten sie sich von der Idee der Architektin, die Kreuzigungsgruppe aus den 60er Jahren im Altarbereich auf das Kreuz selbst zu reduzieren. Das geschnitzte Holzkreuz soll künftig "als Symbol der Liebe und Hingabe"  gleichsam schwebend an der Rückwand der Apsis angebracht werden.
Großes Geraune ging durch die Reihen, als deutlich wurde, dass die Eingangsempore der Auferstehungskirche in Theesen mitsamt der Steinmann-Orgel zugunsten der freistehenden „Box“ im Kirchenschiff entfernt werden müsste. Dass das musikalische Alleinstellungsmerkmal der Auferstehungskirche, der große Flügel, natürlich bleiben würde, dämpfte die Empörung kaum.
„Auf eine der drei Orgeln könnte ich schon verzichten“, meinte Pfarrer Brünger. Bei Hochzeiten und anderen Gottesdiensten für die jüngere Generation gehe die Nachfrage nach Orgelmusik ohnehin zurück.

Neben der aktuellen Entwicklung in Jöllenbeck kam auf der Versammlung auch der Status quo an den anderen Zentren zur Sprache. Für die Nutzung des Gemeindehausgrundstückes Theesen hat das Architektenbüro Brüchner-Hüttemann-Pasch in einer Machbarkeitsstudie die Bebauung mit acht Gebäuden vorgeschlagen (38 Wohneinheiten und Tiefgarage).
Eine Entscheidung des Presbyteriums dazu steht noch aus. Aktuell wurde ein Teil des Gemeindehauses für mindestens zwei Jahre an die Stadt Bielefeld für die Grundschule Theesen vermietet.
Für Vilsendorf liegt die bekannte Machbarkeitsstudie von 2019 vor. Bisher gibt es dazu keine neuen Ergebnisse aus dem Bebauungsplanverfahren.
Der Zentrumsausschuss Vilsendorf steht derzeit in Kontakt mit der Stiftung Solidarität, die ihr Interesse an einer längerfristigen Übernahme des Gemeindehauses in Erbpacht geäußert hat. Die Ideen dazu werden dem Zentrumsausschuss vorgestellt. Anschließend wird sich das Presbyterium damit befassen.

Text und Fotos: BMB