Bericht über die Visitation 2022
Am 11. September 2022 fand in der Marienkirche der Gottesdienst zum Abschluss der Visitation statt. Hiermit kam die von Superintendent Christian Bald so genannte „gestreckte Visitation“ nach vier Monaten intensiver Beratungen zu ihrem Abschluss. Dies war vor allem der Corona-Pandemie geschuldet. Inhaltlich bezogen war die Visitation auf drei Themenfelder, die vorher vom Presbyterium dem Kreissynodalvorstand (KSV) gegenüber benannt worden waren: Leitung und Verwaltung; Gottesdienst und Kirchenmusik; Jugendarbeit und Konfirmandenarbeit. An diesen drei Themenfeldern wurde gemeinsam mit Mitgliedern des KSV, mit Fachpersonen aus dem Kirchenkreis und mit den entsprechenden Mitgliedern der presbyterialen Ausschüsse gearbeitet.
Am Vortag des Visitationsgottesdienstes konnten sich alle an der Visitation Beteiligten einen Einblick verschaffen in die Schauplätze der immerhin größten Gemeinde des Kirchenkreises Bielefeld, mit drei Kirchengebäuden und drei Gemeindehäusern, mit fünf KiTas und einem großen Altenzentrum sowie einem Friedhof. Hierzu wurde ein Schnatgang durchgeführt, allerdings auf Fahrrädern, da das Areal mit dem Stadtbezirk Jöllenbeck doch sehr weitläufig ist. Dieser Tag endete mit einem gemeinsamen Grillen an der Kirche in Theesen.
Es gab viel Positives zu entdecken. Das Presbyterium ist seit der Neuaufstellung im Jahr 2020 intensiv dabei, die neu gegründete Ev.-luth. Versöhnungs-Kirchengemeinde Jöllenbeck auf Kurs zu bringen. Insofern mussten durch die Visitation nicht erst mühsam neue Prozesse angestoßen werden, sondern es konnten etliche Ergebnisse vorgestellt werden. „Deutlich spürbar war hier der feste Wille zu gelingenden Kooperationen und damit verbunden einer ressourcengerechten Auftragsgestaltung“, so das Resümee des Superintendenten. Hinweisen kann man hier auf das neue Konzept zur Verzahnung der Jugendarbeit mit der Konfirmandenarbeit, die das Ziel hat, beide Arbeitsbereiche fester zu verbinden. Auch die Weiterentwicklung der Gottesdienstlandschaft ist hier zu nennen. Die liturgischen Gottesdienste, die an allen drei Zentren gefeiert werden, müssen reduziert werden, um hauptamtliche Kräfte freizusetzen für neue Ideen. Es haben sich längst alternative Gottesdienstformen etabliert, wie z.B. die Punkt 6-Gottesdienste, die seit zwanzig Jahren stattfinden, und der Offensiv-Gottesdienst. Weitere Ideen werden bewegt, wie z.B. das Konzept „Kirche kunterbunt“ (Gottesdienst mit Aktivangeboten für Groß und Klein). Ein weiteres Ziel ist es auch, der Kirchenmusik ein stärkeres Gewicht zu geben und vermehrt musikalisch ausgestaltete Andachten anzubieten. Hier gibt es viel Experimentierfreude.
Im Hinblick auf Leitung und Verwaltung ist es gelungen, die presbyterialen Ausschüsse mit Mitgliedern aus allen drei Zentren paritätisch zu besetzen. Das ist notwendig, um in allen Sachfragen alle Stimmen zu Gehör zu bringen und in konstruktive Entscheidungen münden zu lassen. In diesem Themenfeld wurde jedoch vom KSV auch deutlich gemacht, dass die eingerichteten Zentrumsausschüsse, die in unserer Satzung sogar Verfassungsrang haben, dem gemeinsamen Anliegen im Wege stehen könnten, weil sie jeweils nur die Anliegen eines Zentrums berücksichtigen. Hier kam der Vorschlag des KSV, dieses Konstrukt kritisch zu überdenken, um den gemeinsamen Weg nicht immer wieder zu unterlaufen.
In der sich an den Gottesdienst anschließenden Gemeindeversammlung kamen mit dem einführenden Bericht des Superintendenten alle diese Themen auf den Tisch und mündeten in eine dankbare und zugleich kritische Bewertung durch die zahlreich anwesenden Gemeindeglieder. Pfarrer Marcus Brünger machte engagiert und unmissverständlich deutlich, welche Vision ihn antreibt im Hinblick auf die Gottesdienstlandschaft. Sie muss vielfältiger werden. Sie muss noch stärker die Zielgruppe der Familien mit Kindern in den Blick nehmen und er als Pfarrer wünschte sich dafür mehr Freiräume. Für sein Statement gab es einen bemerkenswerten Applaus.
Unter dem Slogan „Jede/r braucht ein Plätzchen... wir in Vilsendorf brauchen Platz!“ machte die Initiative für ein Vilsendorfer Gemeindezentrum ihr Anliegen deutlich, unterstrichen durch Kekse, die nach der Gemeindeversammlung verteilt wurden. Sie fordert „ein erkennbares und ausreichend großes Zentrum im wachsenden Ort". Mit diesem zunächst nachvollziehbaren Anliegen wurde zugleich aber deutlich, dass ein Denken und Handeln, welches sich vor allem an Zentrumsinteressen ausrichtet, den gemeinsamen Weg immer wieder in Frage stellt. Unsere Aufgabe aber muss es sein, das WIR zu gestalten, wie eine Teilnehmerin der Gemeindeversammlung vehement und vernehmlich betonte. Auch für dieses Statement gab es bemerkenswerten Applaus. Es liegt ziemlich genau auf der Linie dessen, was uns der Superintendent ins Stammbuch geschrieben hat. Die anstehende Aufgabe von kirchlichen Gebäuden und die gleichzeitige Neuausrichtung der kirchlichen Arbeit im Bielefelder Norden können nur gelingen, indem wir einander zuhörend gemeinsam gestalten.
Andreas Albers, Presbyter